Die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit durch den Versicherer
Sobald die Versicherung die Berufsunfähigkeit anerkannt und die BU-Rente bewilligt hat, überprüft sie regelmäßig, ob die Berufsunfähigkeit auch weiterhin besteht. Es ist möglich, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten nach der Anerkennung der Berufsunfähigkeit verbessert hat oder er eine neue berufliche Tätigkeit aufnimmt, auf welche der Versicherer nun verweisen kann.
Dabei handelt es sich um die sogenannte Nachprüfung der Berufsunfähigkeit. Im Rahmen dieser Nachprüfung darf die Versicherung auch einmal jährlich auf eigene Kosten umfassende Untersuchungen in Form einer Begutachtung der versicherten Person verlangen. Damit soll geprüft werden, ob sich der Gesundheitszustand verbessert hat und die Leistungspflicht möglicherweise entfallen könnte. In der Praxis sind solche jährlichen Begutachtungen jedoch selten, da sie für den Versicherer mit hohen Kosten verbunden sind.
Das sollten Sie wissen
Der Fragebogen zum Nachprüfungsverfahren
Das Nachprüfungsverfahren beginnt in der Regel damit, dass der Versicherer Ihnen einen umfangreichen Fragebogen zuschickt. Darin werden Sie insbesondere gebeten, Angaben zu Ihrem aktuellen Gesundheitszustand sowie Ihrer aktuellen beruflichen Situation zu machen. Zudem wird der Versicherer in den meisten Fällen nach aktuelleren Arztberichten und Gutachten fragen und die Einkommensteuerbescheide ab dem Zeitpunkt der Anerkennung der Berufsunfähigkeit abverlangen.
Selbständige müssen zudem ihre Bilanzen oder Gewinn- und Verlustrechnungen vorlegen. Diese Unterlagen dienen dazu, zu prüfen, ob seit der Anerkennung der Berufsunfähigkeit eine Tätigkeit aufgenommen wurde oder wie das Unternehmen eines Selbständigen derzeit wirtschaftlich aufgestellt ist.
Wann darf der Versicherer die Berufsunfähigkeitsrente im Nachprüfungsverfahren einstellen?
Möchte der Versicherer die Berufsunfähigkeitsleistungen einstellen, ist er verpflichtet, dies nachvollziehbar zu begründen. Hierfür muss er den Gesundheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Anerkennung mit dem aktuellen Zustand vergleichen. Sollte der Versicherer eine Verbesserung des Gesundheitszustands geltend machen, muss er dies in Bezug auf die vor Eintritt der BU ausgeübten beruflichen Tätigkeit des Versicherten darlegen. Grundlage hierfür ist die ursprünglich im Antragsverfahren angegebene Berufstätigkeit in gesunden Tagen.
Stellt sich im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens heraus, dass bei der Erstprüfung Fehler gemacht wurden, sind diese für die Nachprüfung irrelevant. Ziel der Nachprüfung ist es nicht, die ursprüngliche Entscheidung zur Berufsunfähigkeit oder mögliche Fehler bei der damaligen Beurteilung zu hinterfragen. Stattdessen konzentriert sich die Nachprüfung ausschließlich darauf, ob die Voraussetzungen für die Berufsunfähigkeit weiterhin bestehen.
An die Einstellungsmitteilung stellt die Rechtsprechung hohe formelle und inhaltliche Anforderungen, die nach meiner Erfahrung von den Versicherern häufig nicht erfüllt werden.
Außerdem liegt die Beweislast im Nachprüfungsverfahren beim Versicherer. Er muss eindeutig nachweisen, dass die versicherte Person nicht mehr berufsunfähig ist. Dafür gibt es nur zwei Ansätze:
- Der Gesundheitszustand der versicherten Person hat sich soweit verbessert, so dass der für die Leistungsverpflichtung des Versicherers erforderliche BU-Grad (in der Regel: mindestens 50%) nicht mehr vorliegt.
- Die versicherte Person hat eine neue berufliche Tätigkeit aufgenommen, die ihrer Ausbildung, Erfahrung und Lebensstellung hinsichtlich der sozialen Wertschätzung und dem Einkommensniveau entspricht.
Gerade bei der Einstellung der Berufsunfähigkeitsrente ist es oft erfolgreich, rechtlich dagegen vorzugehen. In den letzten Jahren habe ich alle Klageverfahren gewonnen, die aufgrund einer Einstellungsmitteilung des Versicherers eingeleitet wurden, sodass meine Mandanten ihre Berufsunfähigkeitsrente weiterhin erhalten.
Muss ich die Aufnahme einer neuen berufliche Tätigkeit und einer Gesundheitsverbesserung dem Versicherer melden?
Auch ohne die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens ist der Versicherte während des Bezugs der Berufsunfähigkeitsrente verpflichtet, jede Aufnahme bzw. Änderung einer beruflichen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Die Versicherung wird dann prüfen, ob die Leistungspflicht durch eine konkrete Verweisung auf einen neuen Beruf beendet werden kann. Dafür müssen insbesondere folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die neue berufliche Tätigkeit muss aufgrund des Gesundheitszustands zu mehr als 50% ausgeübt werden können.
- Im neuen Beruf darf die Lebensstellung des Versicherten im Vergleich zu seiner früheren Tätigkeit nicht erheblich beeinträchtigt sein. Die Lebensstellung wird durch das Einkommen und das soziale Ansehen bestimmt. Gerichte betrachten aber Einkommenseinbußen von bis zu 20% in der Regel als zumutbar.
Ob sich der Gesundheitszustand tatsächlich gebessert hat, kann der Versicherte meist nicht wirklich einschätzen. Häufig fühlen sich Betroffene nur deshalb besser, weil sie den belastenden Beruf nicht mehr ausüben und ihren Körper schonen konnten, bzw. die psychische Belastung durch die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit weggefallen ist.
Muss ich eine befristete Anerkennung meiner Berufsunfähigkeitsrente akzeptieren?
Das Versicherungsvertragsgesetz erlaubt es den Versicherern grundsätzlich, die Leistungspflicht einmalig befristetet anzuerkennen. Für den Versicherten ist dies aber nachteilig, da die Erstprüfung mit einem befristeten Anerkenntnis nicht endgültig abgeschlossen, sondern lediglich aufgeschoben wird.
Sofern in den Versicherungsbedingungen nichts anderes vereinbart ist, muss der Versicherte nach Ablauf der Frist einen neuen Leistungsantrag stellen und darin erneut seine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nachweisen. Ansonsten enden die Leistungen des Versicherers.